Audiobasierte soziale Plattform
Hype oder Business Möglichkeit?
Clubhouse für Unternehmen
Mit Promis, Influencern und CEOs von Großkonzernen ganz entspannt quatschen? Das neue audiobasierte soziale Netzwerk Clubhouse macht es möglich. Mit seiner elitären Besonderheit sorgte es auch in Deutschland für einen überragenden Nutzer-Ansturm. Die Hauptfunktion der App erlaubt es Live-Gespräche in einer rein auditiven Form zu führen. Im Gegensatz zu anderen sozialen Medien gibt es keinen Feed, sondern man kann in einzelnen "Räumen" gewissen Themen beitreten oder sie selber eröffnen.
Doch der Clou und der Ursprung des Hypes der App liegt in der Exklusivität, die sich aus vorausgesetzten und begrenzten Einladungen ergibt. Jede*r Nutzer*in braucht eine exklusive Einladung, um Zugang zur Plattform zu erhalten. Nach der Anmeldung bekommen die User*innen zwei weitere Einladungen zur Verfügung. Die Nachfrage nach den Invites fällt dementsprechend hoch aus. Diese sogenannte künstliche Verknappung löste in vielen eine "fear of missing out" (FOMO) aus – die Angst etwas zu verpassen.
Laut der Gründerfirma Alpha Exploration war der restriktive Charakter gewollt, um gezielt CEOs, Marketingexpert*innen, Influencer*innen und Co. miteinander zu verbinden. Zurzeit befindet sich die App noch in der Beta-Testphase, womit die Macher das Einladungssystem und die Beschränkung auf iOS-Geräte zusätzlich begründen.
Als Nutzer*in richtet man – wie von sozialen Medien bekannt - sein privates Profil mit richtigem Vor- und Nachnamen ein und kann zusätzlich eine aussagekräftige Beschreibung verfassen. Direkt bei der Anmeldung wählt man seine persönlichen "Topics of Interest", sodass den Nutzer*innen auf dieser Basis passende Räume und andere Nutzerprofile vorgeschlagen werden. Des Weiteren steht die Suchfunktion zur Verfügung, um weitere Räume und Themen gemäß den eigenen Interessen auszusuchen. Schließlich kann man Gesprächen beitreten, oder sie selber planen und moderieren.
Die dem Gespräch zugrundeliegenden Rollen lassen sich mit einer Talk-Show vergleichen. Sobald ein*e Nutzer*in einem Gespräch beitritt ist diese*r zunächst Zuhörer*in und kann so dem Gespräch folgen, wie in einem Publikum. Daneben gibt es einen Host, der entscheidet welche User*innen nur zuhören und welche Sprecher*innen sind. Ebenso darf ein Host bereits ernannte Sprecher*innen von der "Bühne" entfernen. Die Sprecher*innen beteiligen sich dabei aktiv am Gespräch oder an der Diskussion.
Mit der aus Videokonferenzen bekannten Handhebefunktion können sich Sprecher*innen zu Wort melden und Zuhörer*innen signalisieren, dass sie gerne zur Sprecherin respektive zum Sprecher ernannt werden möchten.
Thematisch sind Clubhouse keine Grenzen gesetzt. Besonders Personen aus den Bereichen Politik, Journalismus, soziale Medien und Marketing halten sich auf der Plattform auf. Sie tauschen Überlegungen aus, inwiefern die App für die virtuelle Kommunikation von Unternehmen einsetzbar ist, in etwa zur Verbreitung von Kampagnen.
Die Vorteile sind klar ersichtlich: Anstatt sich von Likes, Kommentaren und Reaktionen abzulenken (all diese Funktionen lässt Clubhouse weg) oder aufgrund von mehreren Bildschirmanzeigen einer geteilten Aufmerksamkeit zu unterliegen, können sich Nutzer*innen auf das Wesentliche konzentrieren: das Gespräch.
Clubhouse eröffnet den direkten Austausch mit anderen Unternehmern und potentiellen Kund*innen, denen man auf anderen Wegen möglicherweise nicht begegnet wäre. Bereits diese gegenseitige Interaktion und das hohe Kompetenzniveau anderer Nutzer*innen kann Inspiration für das eigene Unternehmen schaffen. Die authentische Vernetzung bietet aber auch die Grundlage für neue Beziehungen, welche zukünftig im Rahmen von Kollaborationen ausgebaut werden können.
Wie bei einer normalen Unternehmenskonferenz kann mit Clubhouse der mündliche Meinungsaustausch zu verschiedensten Unternehmensthemen erfolgen. Dazu gehören in etwa die strategische Ausrichtung des Unternehmens, interaktive Entscheidungsfindungen, aber auch spontane Anliegen.
Für erste Phasen von Marketingkampagnen können über Clubhouse Ideen und Vorschläge gemeinsam vorgestellt und ausgetüftelt werden. Bei solch einem freien Austausch ist es zwar möglich, sich direktes Feedback einzuholen, man kann seine Visionen jedoch nicht bildlich aufzeigen. Doch vielleicht liegt der Vorteil gerade in der alleinigen Überzeugung mit Worten?
Daneben nutzen schon einige Unternehmen Clubhouse, um ihre Produkte zu verbreiten, indem sie zum Beispiel Sponsor*innen eines Raumes sind, oder den User*innen eines besonders aktiven Gesprächs Probierpakete mit eigenen Goodies zukommen lassen.
Unternehmen können die große Audiocommunity und das geballte Fachwissen nutzen, um sich selbst und andere weiterzubilden. Dies kann unternehmensintern für eigene Mitarbeiter*innen, als auch unternehmensextern über andere Anwender*innen stattfinden. Vorwiegend in den Themenbereichen Teambuilding, Motivation, Leadership und Kommunikation wird sich auf Clubhouse intensiv ausgetauscht.
Auch unternehmensrelevante Podiumsdiskussion können in rein auditiver Form organisiert werden. Hierbei setzen sich mehrere Expert*innen vorbereitet mit einem Thema auseinander und erörtern ihre Meinungen. Der Vorteil dabei ist, dass sich die Teilnehmer*innen vermehrt auf das Gespräch konzentrieren und nur mündlich, ohne jegliches Bildmaterial ausdrucksstark argumentieren. Im Anschluss können über die Handhebefunktion noch offene Fragen der Zuhörer*innen beantwortet werden.
Nach dem Feierabend nochmal kurz plaudern oder am Wochenende Kolleg*innen nach Filmempfehlungen fragen – Clubhouse begünstigt ebenso spontane Gespräche in lockerer Form. Besonders im Home Office ist diese Form von entspannter Mitarbeiterkommunikation nicht häufig anzutreffen, wobei sie den Zusammenhalt nachhaltig stärken kann.
Abgesehen von dem besonderen, limitierten Format, ist Clubhouse sehr umstritten aufgrund der vielen Kritik und den Anliegen, die mit der App aufkamen. Die größte Sorge? Der Datenschutz. Weder wird die DSGVO in der Datenschutzerklärung erwähnt, noch nennt die App eine klare Zwecksetzung der Datensammlung, was klar gegen das Europäische Recht verstößt.
Außerdem werden auf Clubhouse - wie auf vielen sozialen Plattformen auch - kontroverse und heikle Themen diskutiert, jedoch ohne jegliche Kontrollinstanz für Falschinformationen. Um Beschwerden und Verstöße zu erkennen, wird jedes Gespräch verschlüsselt aufgezeichnet – ob die Daten nach fehlender Feststellung eines Verstoßes wieder gelöscht werden, ist unklar.
Trotz der Aufzeichnung wird es den User*innen nicht ermöglicht, Gespräche im Nachhinein erneut anzuhören. Dies trägt zwar zum exklusiven Momentum der Plattform bei, bietet aber wenig Praxisnutzen für Unternehmen, denn Ergebnisse, sofern sie nicht aufgeschrieben werden, gehen schnell verloren.
Angesichts der Tatsache, dass andere Plattformen ähnliche Funktionen bereitstellen, besteht noch viel Optimierungspotential.
Twitter Spaces
Ab April 2021 steht Twitter Spaces für alle Nutzer*innen zur Verfügung. Als Live-Audio-Plattform folgt es dem Prinzip und den Funktionen von Clubhouse, nur zugänglicher, da keine Einladungen notwendig sind.
Cappuccino
Mit dieser App können über den Tag hinweg in einer Gruppe kleine Audio-Schnipsel ("Bohnen") gepostet werden, welche sich zu einem "Cappuccino" kumulieren. Diese Art von persönlichem Mini-Podcast kann zum Beispiel genutzt werden, um Ideen festzuhalten.
Stereo
Eine ebenso rein auditive App, welche den Nutzer*innen einen Feed bereitstellt, über den Live-Talk-Shows zu einer Bandbreite an Themen angeboten werden. Auch Stereo ist zugänglicher, sowohl für iOS als auch für Android Systeme.
Im Gesamten ist der Ansatz einer vielversprechenden Plattform vorhanden, allerdings lassen sich besonders Aspekte wie der Datenschutz und die Verfügbarkeit der Informationen noch weiter ausfeilen.
Für Unternehmer stellt die App eine andere Form der Vernetzung dar. Ob mit anderen CEOs, Manager*innen und Gründer*innen oder mit den eigenen Mitarbeiter*innen – die Möglichkeiten Clubhouse für offene und dennoch wissensintensive Gespräche zu nutzen sind breit gefächert.
Besonders strategischen Diskursen sollte trotz des freien Charakters ein gewisser Organisationsgrad unterliegen, damit effiziente Ergebnisse erzielt werden können.
In welche Richtung Clubhouse sich weiterentwickeln wird, oder ob andere Plattformen mit ähnlichen Prinzipien übernehmen, bleibt spannend und ist hinsichtlich der weiteren Mitverfolgung lohnenswert.